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Das rein solarelektrische Haus – seine Umweltauswirkungen im Vergleich zur Wärmepumpe

Sind Wärmepumpen wirklich das Maß aller Dinge in Punkto Klimaschutz? Dieser Frage versucht dieser Artikel auf den Grund zu gehen. Er beruht auf einer wissenschaftlichen Arbeit, die im November 2022 an der Fachhochschule Salzburg am Studiengang Smart Building vorgelegt wurde. Sie verglich unterschiedliche Gebäudeenergiesysteme bei Einfamilienhäusern in Bezug auf die Umweltwirkungen. Konkret wurde ein System mit einer Photovoltaikanlage und elektrischer Fußbodenheizung einem Heizsystem mit Luft/Wasser-Wärmepumpe gegenübergestellt. Der Vergleich betrachtet das Treibhauspotenzial (GWP) für die Herstellung und den Betrieb, Umweltwirkungen der Entsorgung wurden mangels Datengrundlage nicht beachtet.

Motivation

Österreich hat sich verpflichtet, seine Emissionen bis 2030 um 36 % im Vergleich zu 2005 zu reduzieren. Derzeit zweifeln viele Klimaaktivisten an der Erreichung der gesetzten Klimaziele. Mit immer radikaleren Formen des Protests – wie etwa dem Festkleben auf Fahrbahnen und Schüttaktionen in Museen – wollen sie Aufmerksamkeit erregen und die Politik zum Handeln auffordern. Die Wissenschaft, vor allem die Scientists for Future, setzt sich für ein schnelles Handeln im Bereich des Klimaschutzes ein und verlangt konkrete Maßnahmen. Auch in Zeitungen und Online-Newsportalen sind die Klimaerwärmung und der CO2-Ausstoß zum omnipräsenten Thema geworden, nicht zuletzt wegen Naturkatastrophen oder Messrekorden.

Der Anteil, den Gebäude an den gesamten Treibhausgasemissionen haben, betrug im Jahr 2022 10,56 %, wobei der Großteil aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe stammt. Abgesehen vom Umweltgedanken ist auch durch immer wiederkehrende Energiekrisen das Interesse für Gebäudetechnik in der Bevölkerung gestiegen, Photovoltaikanlagen erleben seit 2022 einen regelrechten Boom. Immer mehr wollen auch „raus aus Öl und Gas“ und setzen auf Pellets und Wärmepumpen. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass den meisten Haushalten nur ein begrenztes Budget für die Umrüstung zur Verfügung steht und dies die Auswahl an möglichen Maßnahmen beeinflusst.

Die wissenschaftliche Arbeit befasste sich daher mit der Frage, wie wirkungsvoll unterschiedliche Gebäudeenergiesysteme in Bezug auf die ökologischen Auswirkungen sind.

Ziel und Methodik der Arbeit

Ziel der Arbeit war es, zwei unterschiedliche Gebäudeenergiesysteme am Beispiel eines fiktiven Einfamilienhauses in Hinblick auf die ökologischen Auswirkungen zu evaluieren. Es handelt sich hierbei um folgende Systeme:

  1. Ausführung: Eine direktelektrische Fußbodenheizung und Warmwasserbereitung in Kombination mit einer Photovoltaikanlage.

  2. Ausführung: Eine wassergeführte Fußbodenheizung und Warmwasserbereitung, die die Energie von einer Luft/Wasser-Wärmepumpe bezieht. Der Strom wird in diesem Fall zur Gänze aus dem Netz bezogen.

Um die Umweltauswirkungen von Produkten oder Materialien zu bestimmen, wurde die Ökobilanz, die auch als Lebenszyklusanalyse, im Englischen als Life Cycle Assessment (LCA) bezeichnet wird, herangezogen. In dieser Arbeit wurde eine vereinfachte Form, eine LCA-Screening-Analyse, durchgeführt. Dabei wurden die Umweltauswirkungen der Herstellung und im Betrieb ermittelt und abgebildet, die Entsorgung wurde nicht berücksichtigt. Der Vergleich betrachtet das Treibhauspotenzial (GWP). Dieses beschreibt, welche Mengen an CO2 und anderen Treibhausgasen ausgestoßen wird.

Der Betrachtungszeitraum beträgt 30 Jahre, der Standort des fiktiven Einfamilienhauses ist in Linz in Österreich. Das Einfamilienhaus hat eine Wohnfläche von 120 m² (Bruttogrundfläche 150 m²), einen Heizwärmebedarf von 25 kWh/(m²a) bezogen auf die Bruttogrundfläche (BGF) und Jahr. Der angenommene Warmwasserbedarf für 4 Personen liegt bei 200 l pro Tag. Um das Gesamtsystem vergleichen zu können, wurde auch der Haushaltsstrom mit 4000 kWh pro Jahr berücksichtigt. Bei der Wärmepumpe wurde eine Lebensdauer von 15 Jahren, also ein Austausch über 30 Jahre, angenommen.

Mittels Literaturrecherche wurden Datengrundlagen zu den einzelnen Komponenten der Systeme erhoben und auf dieser Basis ein Vergleich unterschiedlicher Varianten durchgeführt.

Erkenntnisse aus der Literaturrecherche

Es zeigte sich, dass Photovoltaikmodule mit einem Anteil von etwa 70 bis 75 % am Treibhauspotenzial den weitaus größten Anteil der Emissionen von Ausführung 1 (direktelektrische Fußbodenheizung und Warmwasserbereitung mit Photovoltaik) ausmachen.

Wenn man das GWP von PV-Modulen aus China mit einer Produktion unter europäischen Stromerzeugungsbedingungen vergleicht, lässt sich errechnen, dass etwa 300 kg CO2-Äquivalent pro kWp mit einer ökologischeren Stromerzeugung eingespart werden könnten. In diesem Vergleich wurde der chinesische Stromerzeugungsmix mit 836 g CO2-Äq. pro kWh bewertet. Für die europäische Herstellung wurde der Strommix für die Siliziumherstellung aus Norwegen (mit 30 g CO2-Äq pro kWh) verwendet, für die restlichen Prozessschritte wurde der europäische Durchschnitt von 418 g CO2-Äq pro kWh angenommen.

Das Treibhauspotenzial für die Herstellung der Kältemittel für Wärmepumpen ist zwar relativ gering (so beträgt der Wert für das im Jahr 2021 am häufigsten eingesetzte Mittel R-410A 10,7 kg CO2-Äquivalent pro kg). Das Kältemittel R410a hat bei der Freisetzung in die Atmosphäre jedoch ein Treibhauspotential von 2088 CO2-Äquivalent pro kg. Die Literaturangaben zur Leckage schwanken zwischen 2 % und 8 % pro Jahr, in dieser Arbeit wurde von einer jährlichen Leckagerate von 3 % ausgegangen.

Die Emissionen der Stromerzeugung variieren in einzelnen Ländern stark. In Österreich betragen die Emissionsfaktoren für den Strommix 227 g CO2-Äq./kWh, während in Deutschland ein Wert von etwa 400 g CO2-Äq./kWh berücksichtigt werden muss.

Im Zuge der wissenschaftlichen Arbeit wurde der deutsche Strommix noch nicht berücksichtigt. Diese Berechnungen wurden im Nachgang durchgeführt.

Ergebnisse der Variantenvergleiche

Im Zuge der wissenschaftlichen Arbeit wurden mehrere Faktoren variiert, wie beispielsweise die Leistung der Photovoltaikanlage, der Heizwärmebedarf (HWB) des Gebäudes, das in der Wärmepumpe eingesetzte Kältemittel oder auch künftige Veränderungen in der Zusammensetzung des Strommix. Diese Variationen führen zur Abbildung von 24 unterschiedlichen Varianten.

Bei einer Variante mit einer 10 kWp Photovoltaikanlage am Gebäude mit der elektrischen Fußbodenheizung (Ausführung 1) und einem Gebäude mit einer Wärmepumpe ohne Photovoltaikanlage (Ausführung 2) mit dem Kältemittel R-410A, sowie dem österreichischen Strommix, schneidet Ausführung 1 mit der elektrischen Fußbodenheizung und der PV-Anlage besser ab als Ausführung 2 mit der Wärmepumpe. Die höheren Emissionen zur Herstellung der PV-Module werden in Österreich nach 14 Jahren egalisiert, in Deutschland bereits nach 4 Jahren.

Wie kann es sein, dass ein rein solarelektrisches Haus (Ausführung 1) in Deutschland, trotz höherer CO2-Belastung des Netzstroms, ökologisch besser abschneidet als an einem Standort in Österreich?

Aufgrund der Anrechnung der Einspeisung von Photovoltaik-Überschüssen in der CO2-Bilanz. In der wissenschaftlichen Arbeit wurde der Ansatz gewählt, die eingespeisten Überschüsse als Gutschrift mit dem jeweiligen, monatlichen Konversionsfaktor des Strommix zu bewerten, welche im Jahresverlauf das Erwärmungspotential (GWP) je Kilowattstunde definiert. Der Konversionsfaktor beträgt in Österreich in den Sommermonaten lediglich ein Drittel des Konversionsfaktors im Winter, in Deutschland ist dieser Unterschied nicht so ausgeprägt. Trotz dieser Unterschiede ergibt sich, dass eine hohe sommerliche Netzeinspeisung den Nachteil des geringeren Stromzukaufs im Winter überkompensiert.

AT-HWB25 my-PV

Ergebnisse für Österreich bei einem Heizwärmebedarf von 25 kWh/m²a

DE-HWB25 my-PV

Ergebnisse für Deutschland bei einem Heizwärmebedarf von 25 kWh/m²a

Direktelektrische Heizsysteme weisen in Verbindung mit einer Photovoltaikanlage in Niedrigenergiegebäuden geringere Umweltbelastungen auf als wassergeführte Heizsysteme mit Wärmepumpen!

Die Grafiken zeigen, dass der anfängliche Herstellungsaufwand bei der Photovoltaikanlage einen großen Anteil am Treibhauspotenzial hat, im weiteren Betrieb treten dann vergleichsweise geringere Umweltauswirkungen auf. Bei der Wärmepumpe hingegen ist der Anteil der Herstellung sehr gering, nicht so jedoch während der Nutzung. Hier ist das Treibhauspotential des zugekauften Stroms der entscheidende Faktor.

Zum Vergleich: Bei einem Heizwärmebedarf von nur 15 kWh/(m2a), ab dem Gebäude auch als Passivhäuser bezeichnet werden, ist der Schnittpunkt in Österreich schon nach 10 Jahren erreicht, in Deutschland abermals nach 4 Jahren.

AT-HWB15 my-PV

Ergebnisse für Österreich bei einem Heizwärmebedarf von 15 kWh/m²a

DE-HWB15 my-PV

Ergebnisse für Deutschland bei einem Heizwärmebedarf von 15 kWh/m²a

Die Systeme mit einer 10 kWp-Anlage sind bei Gebäuden mit einem HWB von 15 kWh/(m²a) in Hinblick auf das Treibhauspotenzial natürlich noch einmal deutlich besser.

Je besser in diesem Fall das Haus, desto gewichtiger ist der Anteil an Emissionen, die bei der Herstellung der PV-Module anfallen und desto höher ist auch der Anteil der Emissionen durch Leckagen der Wärmepumpe.

Wird der spezifische Heizwärmebedarf des Hauses in der Berechnung auf 80 kWh/(m2a) angehoben und der derzeitige österreichische Strommix angenommen, sind die Heizsysteme mit Wärmepumpe den elektrischen Systemen überlegen. Das gilt auch für elektrische Systeme mit einer 15 kWp PV-Anlage. Der Schnittpunkt wird nicht mehr erreicht, auch nicht mit deutschem Strommix.

Das Primärheizsystem rein solarelektrisch auszuführen, ist nur in Wohnhäusern sinnvoll, die nach heutigem Stand der Technik errichtet oder thermisch saniert wurden!

Es zeigte sich, dass die CO2-Äquivalent-Emissionen der elektrischen Fußbodenheizung mit einer 10 kWp PV-Anlage sehr stark vom Heizwärmebedarf abhängen. Bei den Varianten mit Wärmepumpe ist diese Differenz nicht so stark ausgeprägt.

Fazit der wissenschaftlichen Arbeit

Es zeigte sich, dass Heizsysteme mit elektrischer Fußbodenheizung in Verbindung mit zeitgemäßen, dachflächenfüllenden Photovoltaikanlagen bei Gebäuden mit geringem Heizwärmebedarf niedrigere Treibhausgasemissionen verursachen als Heizsysteme mit Wärmepumpe (Kältemittel R410a). Bei der Installation von kleinen Photovoltaikanlagen kehrt sich dieses Bild um und es ergibt sich ein Vorteil zugunsten der Heizung mit Wärmepumpe. Lediglich bei Passivhäusern reichen auch kleine Photovoltaikanlagen aus, um mit rein elektrischen Systemen niedrigere Treibhausgasemissionen als bei Systemen mit Wärmepumpe zu erreichen.

Hingegen sind bei Gebäuden mit höherem Heizwärmebedarf Heizungssysteme mit Wärmepumpe unter österreichischen Strombedingungen im Vorteil. In anderen Ländern, mit einem ökologisch schlechteren Strommix, könnte in Einzelfällen, wenn die Photovoltaikanlage groß genug dimensioniert werden kann, das elektrische Heizsystem aufgrund der anzurechnenden sommerlichen Netzeinspeisung geringere Treibhausgasemissionen verursachen.

Ebenfalls zeigte sich, dass Kältemittel mit hohem Treibhausgaspotenzial einen großen Einfluss auf die Gesamtemissionen eines Heizsystems haben. Insbesondere in Gebäuden mit gutem Dämmstandard steigt der Anteil; aber auch bei höherem Heizwärmebedarf, der eine größere Wärmepumpe mit höherer Füllmenge bedingt, ist der Anteil nicht zu vernachlässigen. Daraus kann man folgern, dass die Umstellung von Wärmepumpen auf Kältemittel mit niedrigem Treibhauspotenzial für das Gelingen der Klimaziele dringend notwendig ist.

Abschließend kann festgestellt werden, dass die Installation von großen Photovoltaikanlagen in Verbindung mit elektrischen Heizsystemen unter den hier betrachteten ökologischen Gesichtspunkten bei Einfamilienhäusern mit geringem Heizwärmebedarf besser ist als ein System mit Wärmepumpe ohne Photovoltaikanlage.

Die komplette Bachelorarbeit ist auch zum Download verfügbar.

Autor

Josef Roitner BSc absolvierte an der Fachhochschule Salzburg in Kuchl den Studiengang Smart Building – Energieeffiziente Gebäudetechnik und nachhaltiges Bauen. Dieser Artikel basiert auf seiner Bachelorarbeit aus dem Jahr 2022 mit dem Titel „LCA-Screeninganalyse unterschiedlicher Gebäudeenergiesysteme am Beispiel eines Einfamilienhauses“.

Josef Roitner my-PV

Anmerkung von my-PV: Warum nicht Wärmepumpe und Photovoltaik kombinieren?

Aus verschiedenen Gründen: Zum einen ist die elektrische Antriebsleistung von Wärmepumpen häufig nicht stufenlos regelbar, was aber eine Grundvoraussetzung für die Nutzung von Überschussstrom aus Photovoltaik ist. Bei rein elektrischen Wärmequellen in Kombination mit geeigneten Leistungsstellern ist die Wärmeerzeugung hingegen „PV-ready“.

Ein weiterer, wesentlicher Aspekt sind die Kosten. Zwei Systeme (PV und konventionelle Heizung kombiniert) sind natürlich entsprechend teurer und für die breite Masse der Bauherren und Hausbesitzer in einer Zeit mit hoher Inflation oft eine zu große finanzielle Hürde. Dazu kommen dann auch noch die monetären Aufwände für die Wartung der Wärmepumpe. Fällt jedoch die Entscheidung zugunsten der Wärmepumpe, so wird die Photovoltaikanlage häufig als späteres Add-On gesehen, das erst Jahre nach der Errichtung ergänzt werden kann.

Dritter Punkt: Lautstärke. Haustechnik, die ohne bewegliche Teile auskommt, ist nicht nur wartungs-, sondern auch geräuscharm.

Der Produktionsort für die Herstellung der Solarzellen ist für die Ökologie von rein solarelektrischen Häusern von wesentlicher Bedeutung. Es ist daher ratsam, die Produktionsstätten für Module wieder nach Europa zu verlagern.

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